Fliegen mit einem Gleitschirm bedeutet das Aufsteigen in schwindelerregende Höhen und die Welt aus einem anderen, faszinierenden Blickwinkel genießen. Erfahren Sie alles Wissenswerte, Tipps und Infos über das Gleitschirmfliegen.
Beim Gleitschirmfliegen handelt es sich um eine Luftsportart des Gleitsegelns mit einem Gleitschirm. Weitere Begriffe für das Gleitschirmfliegen sind Gleitsegeln, Gleitsegelfliegen und Paragleiten. Entwickelt hat sich diese Sportart aus dem Fallschirmspringen.
An den Fallschirmsport angelehnt sitzt der Pilot ca. 7 Meter unterhalb des Schirms in einem gesicherten Gurtsitz, der durch mehrere Leine mit den Schirm verbunden ist. Durch das Aufziehen des Gleitschirms in die Höhe befüllen sich die Kammern in den Tragflächen des Schirms mit Luft, der so erzeugte Staudruck gibt dem Gleitschirm seine Flugform und lässt ihn aufsteigen. Gelenkt wird der Schirm über zwei Bremsleinen, eine für Rechts und eine für Links. Der Pilot kann diese Leinen bequem per Hand bedienen und damit seinen Flugkurs steuern. Abgebremst wird der Schirm durch gleichzeitiges Ziehen der Leinen vor allem beim Landen und Starten.
Je nach Flugleistung und den thermischen Luftbedingungen kann ein Gleitschirm bis zu 3000 Metern aufsteigen und eine Strecke von bis zu 400 Kilometern zurücklegen. Ein moderner Gleitschirm erreicht Geschwindigkeiten von 20 bis 55 km/h.
Gleitschirmfliegen ist für Jedermann geeignet und leicht zu erlernen. Das Einstiegsalter beim Gleitschirmfliegen liegt bei 14 Jahren und ist nach oben hin nicht begrenzt.
In Deutschland ist Fliegen nur mit entsprechender Ausbildung und nach Erhalt eines Luftfahrscheins möglich. Die Ausbildung zum "Flieger" erfolgt in zertifizierten Flugschulen. Die Ausbildung gliedert sich in mehrere Stufen vom L bis zum B-Schein und endet mit einer staatlichen Prüfung des Deutschen Hängegleiterverbands, kurz DHV. Unterrichtet wird neben der Praxis auch Theorie in Gerätekunde, Luftrecht und Meteorologie.
Viele Flugschulen bieten Schnuppertage und Tandemflüge an, um Interessierten einen ersten Eindruck des Fliegens zu vermitteln. Für den Laien wohl eher überraschend ist die Tatsache, dass viele Flugschulen im Flachland und Mittelgebirge angesiedelt sind. Man muss also nicht zwingend in die Berge fahren um das Fliegen zu lernen. Mit Hilfe von Seilwinden kann auch im flachen Land gestartet werden.
In Deutschland wird das Gleitschirmfliegen vom DHV organisiert und geregelt. Der Verband unterliegt dem Luftfahrt-Bundesamt und kümmert sich um alle relevanten Fragen des Gleitschirm- und Drachenfliegens. Zudem informiert der DHV mit seiner zweimonatigen erscheinenden Fachzeitschrift über rechtliche Neuregelung, Informationen zu Fluggebieten, Neuigkeiten aus der Flugszene und vieles mehr. Derzeit besitzt der DHV 33.000 Mitglieder und ist weltweit der größte Verband für Gleitschirm- und Drachenfliegen. Für Gleitschirmpiloten ist eine DHV Mitgliedschaft Pflicht. Die Start und Landeplätze für Flüge werden oft von den lokalen Flugvereinen verwaltet, daher empfiehlt sich für jeden Gleitschirmflieger eine Vereinsmitgliedschaft.
Hier findet ihr die Links zu den verantwortlichen Dachverbände für die Gleitschirmfliegerei in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Die Ausrüstung bildet eine wichtige Sicherheitsgrundlage beim Fliegen. Zur Ausrüstung eines Gleitschirmfliegers gehört zum einem der Gleitschirm als Fluggerät und zum anderen technische Hilfsmittel und geeignete Bekleidung. Die Ausrüstung eines Gleitschirmfliegers kann problemlos in einen Rucksack verstaut werden. Im Normalfall wiegt die Ausrüstung zwischen 15 und 20 Kilogramm. Leichtere Ausrüstungen für Bergsteiger sind bereits mit einem Gewicht von 8 Kilogramm erhältlich.
Zum Gleitschirm gehören eine aus Nylon reißfeste Kappe; verschiedene Leinen und passendes Gurtzeug und ein Rettungsschirm. Als technisches Hilfsmittel ist ein Variometer zum messen der Steig- und Sinkwerte während des Flugs mitzuführen. Ein GPS-Gerät und ein Funkgerät sind zwar nicht Pflichtbestandteil der Ausrüstung, jedoch ist es ratsam diese Geräte für eventuell auftretende Sicherheitsmaßnahmen im Fliegerequipment dabei zu haben. Vorschriftsmäßig muss ein geeigneter Schutzhelm getragen werden. Die Bekleidung eines Fliegers sollte aus winddichten und wärmespeichernden Material sein, da die Lufttemperatur in den Höhen stark abfällt. Ebenso sind Handschuhe für einen geschützten Griff in die Seile und festes Schuhwerk für das Starten und Landen notwendig. Am besten geeignet sind knöchelhohe Bergsteigerstiefel, die den Fuß optimal stützen.
Die Kosten für eine komplette Ausrüstung liegen bei 5.000 bis 6.000 Euro. In dieser Preisklasse erhält man eine neue hochwertig einwandfreie Ausrüstung, bei der die Sicherheitsstandards gewährleistest sind. Sicherlich kann man auch günstigere Ausrüstungen kaufen, jedoch sollte dabei immer auf den Sicherheitsaspekt geachtet werden.
Wie jede Sportart ist auch das Fliegen nicht völlig frei von Risiken. Werden aber die notwendigen Standards und Grundvoraussetzungen des Gleitschirmfliegens beachtet, zählt das Fliegen mit dem Gleitschirm zu einer sicheren Sportart. Besonders Eigenverantwortung und Risikobewusstsein bilden die Grundlage für sicheres Fliegen. Die meisten Unfälle entstehen durch Pilotenfehler, die durch Selbstüberschätzung, Unachtsamkeit oder Fehleinschätzungen des Wetters entstehen.
Unfälle durch Materialversagen sind dagegen eher unbekannt. Die Gleitschirmmodelle und Ausrüstung unterliegen hohen Sicherheitsstandards und werden regelmäßig Musterprüfungen und Testflügen unterzogen. In Deutschland arbeitet der DHV eng mit Flugschulen, Fliegervereinen und Herstellern zusammen um das Niveau der Flugsicherheit ständig zu verbessern. Die Grundlagen für sicheres Fliegen liegen in einer guten Ausbildung, einer sicherheitsgemäßen Ausrüstung und Achtsamkeit des Piloten. Sind diese Voraussetzungen gegeben steht einem sicheren Flug nichts mehr im Wege.
Die Anfänge des Gleitschirmfliegens reichen bis in das Jahr 1948 zurück. In den fünfziger Jahren entwickelte der NASA-Wissenschaftler Francis Melvin Rogalla die ersten "Gleitschirme", diese bestanden zunächst aus dreieckigen Tragflächen. Zuerst als Kinderdrachen verwendet, optimierte Rogallo diese dreieckigen Tücher später zu manntragenden Gleitschirmen. Er war der erste dem es gelang eine hundertprozentige flexible Tragfläche zu konstruieren. Diese Art von Fluggerät gilt als erste Grundlage für die heutigen Modelle der Gleitschirme.
Als eigentliche Erfinder des heutigen Gleitschirmfliegens werden der Amerikaner David Barish und der Kanadier Domina Jalbert angesehen. Im Jahr 1965 entwickelte David Barisch ein ähnliches Fluggerät wie Rogallo. Beim Barish Sportgerät handelte es sich um einen dreikieligen, rechteckigen Gleitschirm den sogenannten "Sailwing" mit dem bequem per Fußstart vom Berg zu Gleitflügen gestartet werden konnte. Diese Art des Fliegens wurde von Barish als "Slope Soaring" zu deutsch Hangflug oder Hangsegeln, bezeichnet. Der Sailwing wird als erster "echter" Gleitschirm betrachtet. Der Vorläufer des modernen Gleitschirms ist jedoch der sogenannte "Parafoil" von Domina Jalbert. Im Jahr 1967 gelang mit dem Gleitsegel von Jalbert der erste Bergflug. Von einer richtigen Gleitschirmbewegung kann allerdings erst in den siebziger Jahren gesprochen werden. Heute ist Gleitschirmfliegen eine beliebte Standardsportart und gehört in vielen Ferienregion zum touristischen Angebot.