Menschen brauchen Natur, je weiter sie sich von ihr entfernt haben, desto deutlicher wird: Da fehlt etwas. Natur tut den Menschen gut. Barrieren, die im Alltag unüberwindbar scheinen, fallen. Die Bäume, der kleine Bach, das raschelnde Laub, der Geruch von Erde oder vorbeihuschende Tiere bewegen die Sinne und öffnen den Blick für das, wovon die Zivilisation sonst erfolgreich ablenkt. Der Kreislauf des Lebens – die Natur ist ein Sinnbild allen Seins. Alle Themen finden sich wieder. Sie kann Medium und Lehrmeister sein. Natur ist ein Seelenraum, pure Spiritualität.
Auf fünf Teilstücken und 20 Gesamtkilometern vereint der Besinnungsweg Einkehr mit Achtsamkeit und lenkt die Wanderer vorsichtig in diese Richtung. Dabei helfen das Wandern, Landschaft und Natur sowie Stationsschilder mit einfühlsamen Versen und Anregungen. Die vier Willinger Kirchen bilden starke Ankerpunkte zwischen den Wegabschnitten. Jeder ist einem Leitgedanken gewidmet. Als Einstieg empfiehlt sich die Schwalefelder Pilgerkirche.
Die schwingende Landschaft ermöglicht Einblicke und Ausblicke auf die Gipfel und Täler des Lebens im Wegabschnitt „Ausblicke“. Das ganze Spektrum des Lebens bündeln und präsentieren die „Perlen des Glaubens“. Auf dem zweiten Wegabschnitt lassen die Wanderer die Perlen durch Ihre Hände gleiten und folgen den Gedanken des Bandes. Sich lösen, neue Wege wagen, ist verlockend und doch so schwer.
Der dritte Wegabschnitt macht Mut zum Aufbruch, loszugehen und den ersten Schritt zu wagen. Die Umgebung mit allen Sinnen wahrzunehmen, das lehrt der vierte Wegabschnitt „mit allen Sinnen genießen“. Das Sehen, Hören oder Riechen soll sich verbinden mit dem Fühlen und Berühren.
Für Kinder ist Pilgern ein Abenteuer. Unterwegs sein, rennen, Fragen stellen, Neues entdecken und Antworten finden: Kinder sind immer in Bewegung und ständig auf der Suche. Die biblische Geschichte um Noah, seine Arche und die vielen Tiere inszeniert der Upländer Kinderpilgerweg auf dem ersten Wegabschnitt von Schwalefeld nach Rattlar als eine Art Schatzsuche. Sechs Tiere gilt es zu „retten“ und mitzubringen in die Lichterkirche in Rattlar.
Religionen stecken voller spiritueller Naturerlebnisse und -erfahrungen. Sie begegnen ihnen auf Bergen, in Tälern, in der Wüste, durch das Feuer oder durch das Wasser. Die Natur hat eine besondere Sprache, aber eine, die alle Religionen verstehen. Sie ist der richtige Ort, um Juden, Moslems, Christen und Bahai zusammen zu führen. Der fünfte Abschnitt und eine Wegvariante ist der Interreligiöse Friedensweg. Ausgewählte spirituelle Zitate aus allen vier Religionen lassen Gemeinsamkeiten entdecken.
Die fünf Teilstücke sind alle vergleichsweise kurz, zwischen 2,5 und 5 Kilometern. So kann sich der Wanderer immer wieder Zeit nehmen, um sich auf die inspirierenden Stationen zu besinnen. Wer mag, kann den gesamten 17,4 Kilometer langen Weg an einem Stück gehen oder ihn in mehrere Abschnitte aufteilen. Der Rundweg besteht aus vier Teilstücken. Das fünfte Stück ist eine Art Abkürzung.
Alle Teilstücke und die vier Willinger Kirchen beschreibt ein kleines Booklet. Darin enthalten sind Karten und viele Tipps wie Busverbindungen, Adressen und geführte Wanderungen. Erhältlich sind das Booklet und eine handliche Wanderkarte in Kürze in der Tourist-Information Willingen. Zudem wird der Wanderweg der katholischen Kirche „Zwischenräume im Alltag“ vorgestellt.
Der Upländer Besinnungsweg ist 2009 auf Initiative der Kirchengemeinde Schwalefeld, damals noch unter Leitung von Pfarrer Ulf Weber, entstanden. Seit 2015 begleitet Pfarrerin Katrin Schröter diese Arbeit in Schwalefeld. Nun hat sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Pfarrerin Stephanie Stracke aus Usseln das Konzept überarbeitet und neue Themen für die Stationsschilder gewählt. Beim Aufstellen der Schilder waren Hans-Heinrich Genuit und der Mitarbeiter des gemeindlichen Bauhofs Christian Stremme am Werk.
Die Stationen nehmen den Wanderer an die Hand und geben ihm wertvolle Hilfen zur inneren Einkehr. Neu ist auch der Interreligiöse Friedensweg. Pfarrerin Schröter hat ihn in Zusammenarbeit mit der Gruppe „Projekt Weiße Taube“ in Korbach entwickelt. Beteiligt sind Angehörige der jüdischen, christlichen, islamischen und der Bahai-Gemeinde. Am 10. Oktober um 14 Uhr ist die Eröffnungsveranstaltung. Treffunkt ist am Kurmittelhaus.
Booklet und Wanderkarte sind in Zusammenarbeit mit der Tourist-Information Willingen entstanden und werden von ihr mit vermarktet. „Der Upländer Besinnungsweg ist eines unserer Aushängeschilder in Sachen Wandern und ergänzt sehr gut unsere Wander- und Gesundheitsangebote“, ist Tourismusmanager Norbert Lopatta überzeugt. Spirituelles Wandern sei ein Trend. Die Bedeutung sei in der Zeit der Pandemie noch gewachsen.