Die Bayerischen Alpen brauchen Schutz – auch vor dem Modernisierungsgesetz der Staatsregierung. Das haben SPD und der Grüne rund um die Debatte im Bayerischen Landtag um das "Dritte Modernisierungsgesetz" deutlich gemacht. Die aktuelle Novelle, die mit dem Etikett Bürokratieabbau daherkommt, bedeute eine akute Bedrohung für die Bergwelt, so die Bayerische SPD in einer Presseerklärung.
Kern der Kritik: Dem Ausbau von Skigebieten soll plötzlich Tür und Tor geöffnet werden. Künftig soll es viel leichter möglich sein, Seilbahnen, Beschneiungsanlagen und Pisten zu ergänzen – die Pflicht zu Umweltprüfungen wird erheblich aufgeweicht. Künftig sollen Umweltverträglichkeitsprüfungen für neue Skipisten zum Beispiel erst ab 20 Hektar statt bisher zehn nötig sein. In Schutzgebieten ab zehn statt fünf Hektar. "Da werden Skipisten ermöglicht, als wenn es diesen Klimawandel einfach nicht geben würde", so Grünen-Politiker Johannes Becher.
Auch bei der SPD, die nach wie vor auf einen umfassenden Schutz der Alpen pocht, herrscht Unmut über die Pläne. „Unsere Berge sind kein Rummelplatz – ihre Schönheit und Natur dürfen nicht dem Kommerz geopfert werden“, erklärt die umweltpolitische Sprecherin Anna Rasehorn.
Das Dritte Modernisierungsgesetz, das am vergangenen Dienstag in Erster Lesung auf der Tagesordnung des Bayerischen Landtags stand, sieht vor, dass erst bei sehr großen Eingriffen in die Natur – teilweise geht es um eine Verdoppelung der Flächen – eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben ist. Damit werden auch die anerkannten Naturschutzverbände wie Alpenverein und Bund Naturschutz erst nach einer deutlich größeren Hürde beteiligt. „Das Ziel ist leider unübersehbar“, erklärt die umweltpolitische Sprecherin Anna Rasehorn. „Der Umweltschutz wird zurückgefahren, damit ein paar Leute noch auf den letzten Metern Reibach machen können. Und es sind die letzten Meter: Denn der Klimawandel wird Skifahren in den Bayerischen Alpen sehr schnell sehr unwirtschaftlich werden lassen. Wahrscheinlich sogar unmöglich.“
Der alpenpolitische Sprecher der SPD, Florian von Brunn, der sich in den vergangenen Jahren vehement und erfolgreich für den Erhalt des Riedberger Horns engagiert hat, sieht in den Plänen einen Widerspruch zum weiterhin gültigen Bergwaldbeschluss von 1984, der Rodungen im Bergwald für neue Freizeiteinrichtungen grundsätzlich ausschließt. Er will dies nun durch eine Anfrage klären lassen. Zudem hält er die offenkundig erwünschte Wintersportoffensive für unvereinbar mit dem Alpenplan und dessen strengen Schutzvorgaben. „Der Ausverkauf der Alpen darf nun nicht unter dem Mäntelchen des Bürokratieabbaus forciert werden“, betont von Brunn. Auch die Berg- und Naturschutzverbände laufen bereits Sturm gegen den Kahlschlag beim Alpenschutz.
Walter Nussel, CSU-Beauftragter der Staatsregierung für Bürokratieabbau, sieht großen Bedarf, die aktuellen Regelungen, insbesondere die Grenzwerte, die die Notwendigkeit von Umweltverträglichkeitsverfahren festlegen, zu modernisieren: „Mit den Neuregelungen schaffen wir endlich den Spagat zwischen Umweltschutz und Vernunft. Besonders die Skigebiete in Bayern atmen auf: Mit praxistauglichen Grenzwerten für aufwendige Prüfverfahren sichern wir ihren Betrieb, ohne die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Die Streichung der völlig überholten Baumaschinen-Verordnung ist überfällig – ein echter Bürokratie-Befreiungsschlag für die Baubranche. Der Staat muss sich wieder stärker an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft orientieren – nicht an Formularen und Kontrollmechanismen. Wer Verantwortung übernimmt, soll dafür Anerkennung erfahren – und nicht zuerst mit Bedenken konfrontiert werden.“